07
Aug
2017

Noten lesen lernen und Notenlehre Teil 8

Grundformen in der Formenlehre

In der Formenlehre wird „die Beschreibung schematischer Gestaltmodelle“ (Enders et. al., 2000: 113) behandelt. Dies bedeutet, dass Musikstücke in ihre Einzelteile zerlegt werden, um einzelne Schemata zu erkennen und aufzuzeigen. Eine jede Komposition ist, unabhängig davon ob es ein Lied in der Popmusik oder eine klassische Komposition von Mozart oder Bach ist, aus Formteilen zusammengesetzt, welche wiederkehrend aufgezeigt werden können. Jedoch muss ein Musikstück nicht festgemeißelt in diesen Strukturen komponiert werden, Variationen und Abwandlung im Rahmen des Gesamtschemas sind zulässig. Im folgenden Artikel werden die Grundformen der Formenlehre aufgezeigt.

Formeneinteilung

In der Formenlehre wird im Allgemeinen von zwei Formen gesprochen, welche sich allerdings in verschiedene Unterkategorien unterteilen. Die erste Form ist die Reihungsform, die auch unter dem Begriff Liedtyp bekannt ist. Sie setzt sich aus vollkommen gleichwertigen Teilen zusammen und funktioniert nach dem Wiederholungs- oder Frage-Antwort-Prinzip. Die zweite Form ist die Entwicklungsform und ist in den meisten klassischen Kompositionen zu finden. Bei der Entwicklungsform steht der Funktionswert für den Gesamtverlauf der Komposition im Fokus.

Reihungsformen

Liedformen

Die Liedform spaltet sich in eine einteilige, zweiteilige, kleine und große dreiteilige Form auf. Ein Teil ist nennt sich Satz oder Periode, welcher jeweils in kleiner oder großer Version vorliegen kann. Die zweiteilige Form tritt häufig in der Volksmusik und bei alten Tänzen auf. Sie besteht wie der Name schon impliziert aus zwei Teilen, wobei sich der zweite aus dem ersten entwickelt. Die dreiteilige Form tritt in der Volkmusik, in Tänzen, Märschen und in Instrumentalstücken kleineren Umfangs auf. Kleine dreiteilige Liedformen bauen sich nach demselben Schema auf wie die zweiteilige, wobei jedoch der erste Teil als dritter Teil wiederkehrt, der Hauptgedanke wird also wiederholt. Diesen Vorgang nennt man Reprise. Eine große dreiteilige Liedform wird durch, Satzwiederholungen, Einschiebungen, Einleitungen, Schlussbekräftigungen, sowie verbindenden Zwischensätzen erweitert. Ein Beispiel wie so etwas aussehen kann ist in der Abbildung eins zu sehen.

Abbildung 1 schematischer Aufbau der dreiteiligen Liedform (Grabner, 1982: 215)

Rondo

Das Rondo leitet sich aus dem italienischen ab und kann mit dem Wort rund übersetzt werden. Es kann jedoch auch von dem französischen Wort „Rondeau“ abgeleitet werden, welches übersetzt Reigen bedeutet.

„Das Rondo besteht aus einem einprägsamen, später mehrmals unverändert wiederkehrenden Anfangsteil (Refrain) und immer neuen eingeschobenen Zwischenteilen (Couplets).“ (Enders et. al., 2000: 341)

Dies beschreibt das aus dem italienischen abgeleitete Rondo, dessen schematischer Aufbau beispielsweise ABACABA sein kann. Was die einzelnen Schemateile beinhalten kann in Abbildung zwei eingesehen werden.

Abbildung 2 schematischer Aufbau eines Rondos (Grabner, 1982: 217)

Im französischen stellt das Rondo ein Rundtanzlied dar, welches zunächst sechs Zeilen beinhaltete, dann jedoch um einen Refrain am Anfang erweitert wurde und sich damit auf acht Zeilen vergrößert. Der schematische Aufbau eines solchen Rundtanzliedes sieht folgendermaßen aus: ABaAaAB. Die großen Buchstaben bilden hierbei den Refrain.

Entwicklungsformen

Sonatenhauptsatzform

Die Sonatenhauptsatzform, auch bekannt unter Sonatensatzform, Sonatensatz und Sonatenform, ist die Bezeichnung für den „ersten Satz[ in] Sonaten, Sinfonien und Kammermusikwerken“ (Enders et. al., 2000: 381). Der Sonatensatz teilt sich in drei Formteile auf. Im ersten Teil, der Exposition, werden die Themen vorgestellt und mit einem Epilog abgeschlossen. Auf den Epilog folgt die Durchführung, welche die in der Exposition vorgestellten Themen verarbeitet. Der letzte Teil, die Reprise, ist die Wiederaufnahme der Exposition. Hierauf kann in einigen Fällen eine Koda folgen. Die gebräuchliche schematische Form, sowie die inhaltlichen Formteile werden in den nachfolgenden Abbildungen drei und vier dargelegt.

Abbildung 3 gebräuchliche schematische Form der Sonatenhauptsatzform (Grabner, 1982: 219)

Abbildung 4 inhaltliche Formteile der Sonatensatzform (Enders et. al., 2000: 382)

Kontrapunktische Formen

Außerhalb der schon angesprochenen Formen gibt es noch einige kontrapunktische Formen. Das Wort Kontrapunkt leitet sich von der lateinsichen Aussage punctus contra punctum ab, welches mit „Note gegen Note“ übersetzt werden kann. Mögliche kontrapunktische Formen sind unter anderem Variation, freie und strenge Imitation und mehrere Formen der Fuge. Eine strenge Imitation ist dem Kanon gleichzusetzen. Der Kanon kann entweder in Einklang, in gerader Bewegung oder Gegenbewegung, Vergrößerung oder Verkleinerung vorliegen.

„[Eine f]reie Imitation liegt dann vor, wenn die nach einer gewissen Zeit einsetzende Nachahmung mit dem Vorausgegangenen nicht wörtlich übereinstimmt oder sogar verschiedene Teile durch Pausen übergeht.“ (Grabner, 1982: 223)

Fuge

„[Eine] Fuge (vom lateinischen fuga = Flucht) ist ein Stück, in welchem ein prägnantes Thema in imitierender Weise zwei- oder mehrstimmig kontrapunktisch verarbeitet wird.“ (Grabner, 1982: 230)

Fugen haben einen charakteristischen Schemaaufbau. Sie beginnt mit einer Exposition, die drei Teile enthält. Zum einen wird das Fugenthema, welches Dux im lateinischen, Proposta im italienischen und Führer im deutschen genannt wird, vorgestellt. Zum anderen beinhaltet die Exposition eine Beantwortung des vorgestellten Themas, welche Comes im lateinischen, Riposta im italienischen und Gefährte im deutschen genannt wird. Weiterhin endet die Exposition in einem Gegensatz dem Kontrapunkt der Beantwortung. Nach der Exposition folgt eine oder mehrere Durchführungen, die im lateinischen den Begriff Repercussio trägt. Die Durchführung umfasst die Wiederkehr des Themas mit mehreren Stimmen in Dux oder Comes. Für eine vollständige Durchführung müssen alle Stimmen beteiligt sein. Zwischen den einzelnen Durchführungen reihen sich Zwischensätze ein und die Fuge endet mit einem Schlusssatz. Zwischensätze haben eine verbindende Aufgabe und die Funktion der Modulation. Innerhalb der zuletzt genannten Sätze wird das thematische Material der Dux oder Comes entnommen.

Es gibt außerhalb der einfachen Fuge noch die Doppel-, Trippel- und Quadrupelfuge, welche den gleichen Aufbau jener einfachen Fuge haben jedoch zwei, drei bzw. vier Themen in sich vereinen.


Dies ist der achte und letzte Artikel einer Artikelreihe, die dabei helfen soll mit Musiknoten einfacher klarzukommen und evtl. auch Leute dazu animieren soll sich als etwaiger Musiker das Notenlesen selbst beizubringen. Die Artikelreihe stützt sich auf eigene Erfahrungen und auf das Buch „allgemeine Musiklehre“ von Hermann Grabner in der 14. Auflage, alle weiteren Quellen sind entsprechend verzeichnet.


Quellen

Enders, Bernd; Frey, Jürgen; Nickles, Ralph; Welke, Thomas (2000): Schülerduden Musik, 3. völlig neu überarbeitete Aufl., Mannheim, Bibliografisches Institut & F.A. Brockhaus AG

Grabner, Hermann (1982): Allgemeine Musiklehre, 14. Aufl., Kassel: Bärenreiter